Vor dem Hintergrund des rasanten Aufstiegs von Onlinehändlern von Amazon bis Zalando ist eine Veränderung der Handelslandschaft offensichtlich. Doch sind die Auswirkungen der Digitalisierung des Handels so revolutionär, dass sie zum Untergang ganzer Formate, wie dem stationären Handel führen wird?
Auf- und Abstiege bestimmter Unternehmensgrößen („Krämer gegen Handelskette“), Verkaufsformate („Katalog gegen Innenstadt“) oder einzelner Händler („Alle gegen Aldi“) haben den Handel schon immer gekennzeichnet. Allem Wandel gemein waren veränderte Konsumentenpräferenzen (z.B. mehr Sortiment, Heimlieferung, günstiger Preis). Dabei ist es nur aus Perspektive des einzelnen Händlers relevant, wer ursprünglich Treiber und wer Getriebener dieses Wandels war. Aus Gesamtsicht zählt nur, welche Formate und Branchen sich am besten an die geänderten Bedürfnisse anpassen.
Motivation der Konsumenten für den Einkauf im On- und Offlinehandel
Möchte man in die Zukunft blicken, muss man deshalb zuerst die Wünsche der Käufer verstehen. Quer über alle Untersuchungen werden die Vorteile des On- und Offlinehandels als komplementär beschrieben: Vorteilen bei Auswahl, Preis und Komfort (Lieferung, permanente Erreichbarkeit) im Internet stehen direkte Verfügbarkeit, Testmöglichkeiten und Beratung im stationären Handel gegenüber.
Testkäufe zur Messung einer gezielten Reaktion des stationären Handels auf die Vorteile des Onlinehandels
Im Rahmen von Testkäufen in 199 Filialen von zwölf Händlern über vier Branchen haben wir, zusammen mit dem Mystery-Shopping-Anbieter Checkstone, ermittelt, wie der stationäre Handel auf die wahrgenommenen Vorteile des Onlinehandels reagieren. Dabei zeigt sich (siehe Abbildung), dass vor allem der Elektronik- und Buchhandel die Vorteile des E-Commerce weitestgehend über „Multi-Channeling“ auszugleichen sucht: Waren können in die Filiale und nach Hause geliefert werden, bei niedrigeren Online-Preisen werden im Geschäft Rabatte angeboten, und teils besteht Zugriff auf das Sortiment des Onlineshops. Im Accessoires- und Drogeriehandel ist der Anteil der Geschäfte, die der Herausforderung des Onlinehandels aktiv begegnen, deutlich geringer.
Der stationäre Handel passt sich also an die veränderten Bedürfnisse an – aber nur wenn er muss. Denn die nötige Veränderung ist in denjenigen Branchen am weitesten fortgeschritten, die der Konkurrenz des Internets am frühesten ausgesetzt waren. Bisher behütete Branchen wie Drogerieartikel oder Accessoires ziehen bei der Digitalisierung des Handels deshalb erst langsam nach.
Digitalisierung des Handels: Integration der Verkaufskanäle sowohl im On- als auch im Offlinehandel
Dieser schrittweise Ausgleich der Vorteile des jeweils anderen Verkaufskanals zeigt sich nicht nur bei stationären Händlern, sondern auch bei Pure-Playern, die zunehmend Offline-Formate anbieten. Am Ende werden alle Händler gezwungen sein, auf jedem Verkaufskanal (Online, Offline, Mobile) präsent zu sein – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Digitalisierung des Handels ist dann kein Differenzierungsmerkmal mehr, sondern Geschäftsvoraussetzung.
Der vorliegende Post bezieht sich auf die Studie „Wie reagiert der Offline- auf den Online-Handel? Die Verbreitung von Reaktionsstrategien im stationären Handel“, die Sie hier gratis herunterladen können.
Die Studie wurde zusammen mit Manfred Kirchgeorg und in Kooperation mit dem Mystery-Shopping-Unternehmen Checkstone erstellt.