Die Konversionsrate im Onlinehandel

Onlinehändler sprechen gern über Konversionen (engl. Conversion) und die Bedeutung der Konversionsrate (engl. Conversion Rate). Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Wie hoch liegt die Konversionsrate? Und welche Ansatzpunkte bestehen in Onlineshops, um die Konversionsrate zu steigern? Der folgende Beitrag beantwortet diese Fragen.

Was sind Konversionsraten?

Der Handel musste schon immer aus Besuchern Käufer machen: Gäste von Kaufhäusern sollen nicht nur schauen, sondern auch kaufen; Marktbesucher nicht nur die frische Ware bewundern, sondern diese auch erstehen. Im stationären Handel spricht man hier von der „Point-of-Sale-Optimierung“. Das heißt dem Treffen von Maßnahmen, die Besucherinnen eines Ladens zum Kauf bewegen. Auch der Onlinehandel muss Besucher zu Käufern umwandeln. Der vorliegende Beitrag erörtert Ansatzpunkte, um einen größeren Teil der Besucher auf einer Webseite (Kundenfrequenz, sog. „Traffic“) zum Kauf zu bewegen (sog. „Konversion“).

Die traditionelle Handelsbetriebslehre kennt verschiedene Controlling-Kennzahlen: Informationen zur Flächenproduktivität (z.B. Umsatz je Quadratmeter) oder Warenkorbgröße gehören zum analytischen Kanon des Handels. Der Begriff der „Konversion“ hingegen ist nicht gebräuchlich: konsultiert man die Stichwortverzeichnisse gebräuchlicher Handbücher, finden sich hierzu nichts (vgl. Rudolph, 2013, S. 260; Zentes/Swoboda/Foscht, 2012, S. 919–921).

In der praxisnahen Literatur aus dem digitalen Marketing gehört die Betrachtung der Konversion hingegen zum Standardrepertoire. Eine Konversion ist dort als Besucher definiert, der innerhalb eines Onlineshops eine bestimmte Aktion – etwa einen Kauf – durchführt. Die Konversionsrate stellt somit den Anteil der Besucher dar, die die Zielaktion getätigt haben (vgl. Kaushik, 2010, S. 55).

Mikro- und Makro-Konversionen

Diese Definition erlaubt es, zwischen Mikro- und Makrokonversionen zu unterscheiden (vgl. ibi resarch, 2009), je nachdem, ob Teilziele oder das gesamte Ziel eines Webseitenbesuchs erfüllt wurden (siehe Konversionstypen in Abb. 1, illustriert am Kaufprozess):

  • Mikro-Konversionen bezeichnen das Voranschreiten um einen weiteren Schritt im Kaufprozess (z.B. Übergang von der Startseite des Onlinehändlers zu einer Kategorieseite, wie z.B. Jacken). Dabei wird ein Teilziel erreicht.
  • Makro-Konversionen beschreiben den vollständigen Abschluss des Kaufprozesses (z.B. den Kauf einer Jacke), also das Endziel des Besuchs.
Typen der Konversionsrate: Mikro-Konversion, Makro-Konversion
Abb. 1: Konversionstypen: Mikro-Konversion, Makro-Konversion und Konversionstreiber

In der deutschsprachigen Literatur bezeichnet man Konversionsraten teils auch als „Kaufrate“ (Lammenett, 2015, S. 335) oder, in der Literatur zum Markentrichter, als „Transferrate“ (vgl. Riesenbeck/Perrey, 2005, S. 158). Genau gesehen müssen Konversionen aber nicht immer Käufe sein, sondern können auch andere unternehmensrelevante Ziele vermessen (z.B. das Hinterlassen von Kontaktinformationen) — Google spricht deshalb hier ganz allgemein von „Zielvorhaben“ einer Konversion.

Einfluss der Konversionsrate

Der Einfluss der Konversionsrate auf die Profitabilität eines Onlineshops ist groß. Nimmt man an, dass man für den Besuch einer Kundin 1€ bezahlen muss (z.B. als Click-Kosten im Suchmaschinenmarketing von Google), dann impliziert eine Konversionsrate von 2% erwartete Vertriebskosten von 50€ für diesen Warenkorb, da nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 2% ein Kauf stattfindet (1€ × (100%/2%) = 50€). Abb. 2 verdeutlicht diese einfache Beziehung mit mehreren Kombinationen von Click-Kosten und Konversionsraten: höhere Konversionsraten bedeuten deutlich niedrigere erwartete Vertriebskosten pro Verkauf.

Vertriebskosten bei verschiedener Konversionsrate und Click-Kosten
Abb. 2: Vertriebskosten bei verschiedenen Konversionsraten und Click-Kosten

Konversionsraten in verschiedenen Branchen

Eine häufig gestellte Frage ist die nach Konversionsraten für verschiedene Branchen des Onlinehandels. Eine Daumenregel besagt, dass 2-4% für die meisten Onlineshops realistisch ist. Hierzu gibt es aber leider wenig verlässliche Informationen. Keiner der großen deutschen Online-Händler berichtet Konversionsraten im Jahresbericht (Test mit Otto, Zalando, Home24, Westwing für Berichtsjahr 2018). Betreiber von Marketinganalysewerkzeugen veröffentlichen aber Näherungswerte auf Basis der Daten ihrer Nutzer (vgl. Abb. 3a), die darauf hindeuten, dass die Konversionsraten höhere sind:

  • je gewohnheitsmäßiger Kunden kaufen (z.B. Kosmetik)
  • je geringer die Warenkorbgröße (z.B. niedrige Konversionsrate bei großen Ausgaben wie Reisen)
  • je geringer der Preiskampf (z.B. niedrige Konversionsrate bei wettbewerbsintensiven Elektronikartikeln)

Internationale Umfragen (siehe Abb. 3b) zeigen, dass diese Konversionsraten zumindest nicht unrealistisch sind, wenn es auch im Einzelfall (z.B. bei Elektronik) stärkere Abweichungen gibt. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist beispielsweise das Endgerät, mit dem ein Nutzer auf die Webseite zugreift (z.B. Mobiltelefon).

Konversionsrate bei verschiedenen Produktgruppen
Abb. 3: Konversionsrate bei verschiedenen Branchen
(Quelle: intelliAd E-Commerce Benchmarkindex Q1-2018; MarketingSherpa Median Conversion Rates)

Verbesserung der Konversionsrate

Obige Faktoren hängen aber häufig mit der Branche des Händlers zusammen und lassen sich so schwer verändern. Webseitenbetreiber treffen deshalb verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Konversionsrate durch Optimierung ihrer Webseite. Diese Maßnahmen versuchen, die Mikro-Konversionen zu erhöhen, um letztlich die Makro-Konversionsrate zu steigern. Einige Hebel sind in Abb. 1 dargestellt und sollen hier kurz beleuchtet werden.

  • Verbesserung Angebotsdarstellung bei großem Angebot: das Angebot von Produkten in einer Kategorie geht online häufig in die Tausende. Aus diesem Angebot auszuwählen, stellt potentielle Käufer vor eine Herausforderung. Deshalb arbeiten Händler daran, das ausufernde Angebot leichter zugänglich zu machen: entweder über einen mehrstufigen Kategoriebaum (z.B. Schuhe – Herrenschuhe – Business-Schuhe – Oxfords), verschiedene Filter (z.B. Farben, Marken, Eigenschaften) oder eine mitdenkende Suchfunktion (die z.B. Synonyme erlaubt und Tippfehler erkennt).
  • Verbesserung der Produktdarstellung bei fehlendem physischen Kontakt: wenn Käufer auf der Seite eines spezifischen Produktes angekommen sind, gilt es die Fülle an verschiedenen Informationen übersichtlich darzustellen (z.B. Produktbild, Bewertungen, Produktbeschreibung, technische Details). Eine wichtiger Grund für den Abbruch des Kaufprozesses online liegt aber darin, dass Kunden die Waren nicht physisch testen können. Deshalb bieten viele Händler, vor allem im Modebereich, Zusatzinformationen (z.B. Größenangeben zu den Models im Bild; Nutzereinschätzungen wie die Ware ausfällt) und interaktive Ansätze, die die Ware erlebbarer machen sollen (z.B. Videos, oder Augmented Reality).
  • Verkürzung des Checkout-Prozesses: je kürzer der Check-Out-Prozess, desto weniger Abbruchgründe gibt es für potentielle Käufer. Deshalb versuchen viele Händler, diesen Prozess zu verschlanken. Entweder, indem sie weniger Informationen abfragen und mögliche Hürden beseitigen. Oder indem sie Informationen von Dritten, bei denen Konsumenten mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits Informationen hinterlegt haben, integrieren. Prominenteste Beispiele sind hier die Übertragung von Adress- und Zahlungsinformationen von PayPal oder Amazon.

A/B-Tests als Mittel zur Verbesserung

Viele Händler versuchen aber auch, die Konversionsrate der Webseite durch kleine Veränderungen zu verbessern. Hierbei nutzen sie häufig sogenannte A/B-Tests als Mittel zur Verbesserung. Bei dieser Technik werden zwei Versionen der Webseite (A und B) jeweils einer anderen Besuchergruppe gezeigt. Die Version, die die höhere Konversionsrate erzielt, wird fortan genutzt. Ganze Werkzeugkästen existieren, mit denen Händler auch ohne großes technisches Verständnis verschiedene Stimuli (auch mehr als zwei) gegeneinander testen können (z.B. ABlyft, Google Optimize, Optimizely).

Die Veränderungen bei A/B-Tests sind häufig klein und scheinbar unbedeutend (z.B. anderes Farbschema, Bild auf der Startseite). Aber Händler versprechen sich viel auch von kleinen Verbesserung, da die Konversionsrate einen starken Einfluss auf die Profitabilität hat, wie vorher dargestellt wurde.

Webseitenbetreiber variieren also systematisch die Stimuli und vermessen die Reaktion der Konsumenten. Dieses Vorgehen ist nachvollziehbar, aber aus wissenschaftlicher Sicht kritisch zu hinterfragen. Da nur Ursachen-Wirkungsbeziehungen (sogenannte Stimulus-Reponse-Effekte) untersucht werden, bleibt der dahinter liegende psychologische Prozess unbeleuchtet. Zum Beispiel bleibt unklar, warum Version B besser funktioniert als A, etwa weil sie zu einer höheren Aktivierung führt (man spricht hier auch von Mediations- oder SOR-Analysen). Daher sind die Ergebnisse von A/B-Tests schlecht generalisierbar. Außerdem besteht die Gefahr, dass die kleinen Veränderungen nur geringe Effektgrößen hervorrufen, und die gemessenen Verbesserungen so nicht belastbar sind (vgl. Berman et al., 2018). Diese Kritik schließt an eine kritische Einordnung von anderen Analysewerkzeugen, wie etwa Attributionsmodellen an (vgl. vorheriger Beitrag zu den Risiken von Attributionsmodellen), da diese Werkzeuge bei den Nutzern teils einen blinden Technik- und Zahlenglauben erzeugen.

Zusammenfassung: hohe Bedeutung der Konversionsrate, zahlreiche Verbesserungshebel und kleine Verbesserung

Die Konversionsrate ist eine wichtige Kenngröße im Onlinehandel. Entlang der verschiedenen Konversionsstufen (oder: Mikro-Konversionen) bestehen zahlreiche Hebel, die sich am Kaufprozess der Webseite orientieren (z.B. Verbesserung der Startseite – der Angebotsdarstellung – der Produktdarstellung – des Check-Out-Prozesses). Händler versuchen, mittels A/B-Test, die Konversionsrate auf einzelnen Stufen zu erhöhen. Diese Verbesserungen mögen zwar für sich genommen klein sein, haben aber eine große Auswirkung bei zahlreichen Besuchern.


Gedruckte Literaturquellen:

  • Kaushik, Avinash (2010): Web Analytics 2.0. The Art of Online Accountability and Science of Customer Centricity. Indianapolis: Wiley.
  • Lammenett, Erwin (2015): Praxiswissen Online-Marketing. Affiliate- und E-Mail-Marketing, Suchmaschinenmarketing, Online-Werbung, Social Media, Online-PR. Wiesbaden: Springer Gabler (5., überarbeitete und aktualisierte Auflage).
  • Riesenbeck, Hajo; Perrey, Jesko (2005): Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen: Frankfurt am Main [u.a.] Redline Wirtschaft bei Ueberreuter 2004 (McKinsey Perspektiven).
  • Rudolph, Thomas (2013): Modernes Handelsmanagement. Eine Einführung in die Handelslehre. 3rd ed. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
  • Zentes, Joachim; Swoboda, Bernhard; Foscht, Thomas (2012): Handelsmanagement. 3rd ed. München: Vahlen.