Datenintegration vor Datenanalyse

Im Zeitalter von „KI“ und „Big Data“ wirkt es für viele Händler so, als könnten nur komplexe Analysemethoden den wirtschaftlichen Erfolg eines Handelsunternehmens garantieren. Oft wird suggeriert, dass sich jedes Problem mithilfe einer versierten künstlichen Intelligenz lösen ließe. Dies stimmt zwar im Prinzip. Aber es ist nur die halbe Wahrheit. Denn vor der komplexen Analyse muss ein viel wichtigerer Schritt kommen: Datenintegration vor Datenanalyse. Das heißt die Verknüpfung und Qualitätssteigerung aller vorhandenen Daten steht vor der Analyse dieser.

Datenintegration vor Datenanalyse

Datenintegration bei einem Händler

Nehmen wir beispielhaft die Datenintegration bei einem Mehrkanal-Händler mit einem Jahresumsatz von vielleicht einer Million Euro aus mehreren Filialen, einem eigenen Onlineshop und dem Verkauf auf verschiedenen Marktplätzen. Fangen wir bei den Grundlagen an: der Datenintegration vor dem Verkauf. Wenn unser Händler vorausschauend gedacht hat, nutzt sie oder er schon lange ein integriertes Warenwirtschaftssystem. Durch diese Datenverknüpfung lässt sich über alle Verkaufskanäle jederzeit die Anzahl und der Standort der verfügbaren Produkte abfragen.

Dadurch können über verschiedene Kanäle auch die Produkte verkauft werden, die tatsächlich vorhanden sind. Oder es lassen sich Verkaufsstrategien in Abhängigkeit von Lagerbeständen definieren (z. B. rabattierter Abverkauf auf einem bestimmten Kanal bei hohen Beständen). Diese Datenintegration der Bestände vor dem Verkauf ist ein Mindeststandard, der relativ einfach zu bewältigen ist, da der Händler hier alle Informationen besitzt. Gegebenenfalls müssen mit den Lieferanten Standards abgestimmt werden, welche Informationen diese zu den Produkten liefern müssen (z.B. Farbe, Stoff und Zertifizierungen im Textilhandel).

Verknüpfung der Daten während und nach dem Verkauf

Die schwierigere, aber ebenso wichtige Art der Datenintegration liegt in der Verknüpfung der Daten während und nach dem Verkauf. Während des Kaufprozesses geht es beispielsweise darum zu verstehen, wie Kundinnen und Kunden auf bestimmte Werbeanreize reagieren. Google bietet hier durch seine Analytics-Lösungen bereits sehr gute vordefinierte Lösungen, die auch für kleinere Händler implementierbar sind.

Aber auch die Integration der Daten über die eigenen Verkaufskanäle ist wichtig: führt ein Besuch im Laden zu mehr Besuchen im Webshop? Welche Filialstandorte profitieren besonders von Onlinewerbung? Und wie stark schwächt ein rabattierter Marktplatzverkauf von Restbeständen den Verkauf auf meiner eigenen Webseite? Sind die Daten jedes Verkaufskanals in einem eigenen „Silo“, kann ich solche Dinge nicht erfahren. Idealerweise lässt sich die Kundenreise über alle Verkaufskanäle nachvollziehen. In der Onlinewelt helfen hier sogenannte „Cookies“ oder die Login-Daten aus der eigenen App. Sollen stationäre Daten integriert werden, nutzen Händler häufig Loyalitätsprogramme mit einer leichten Rabattierung. Am Ende bleibt die Sicherung der Datenqualität herausfordernd, da ein Nutzer häufig mehrere Geräte nutzt, ein Gerät durch Mehrere genutzt wird, Nutzer die eigenen Spuren verwischen oder die Regulierung (Stichwort: DSGVO) eingreift. Sehr lohnend ist auch die Verbindung der Daten nach dem eigentlichen Kauf: wie häufig kommt eine Kundin wieder? Wie viele Produkte sendet ein Kunde zurück?

Datenintegration im Einzelhandel
Abbildung: Datenintegration im Einzelhandel

Gezielte Ansprache der Kundinnen und Kunden

Dieser Integrationsaufwand ist für die gezielte Ansprache der Kundinnen und Kunden nötig, die sich vor allem im Kundenbeziehungsmanagement lohnt. Halten Sie es etwa für sinnvoll, Rabatt-Gutscheine an Kunden zu schicken, die immer 90 % ihres Warenkorbes zurücksenden? Weitere Beispiele sind eine gezieltere Ansprache im Newsletter, die Einrichtung von Erinnerungsnachrichten bei Kaufinteresse für ein Produkt in einem Verkaufskanal oder die Anpassung von Sonderangeboten. Für alle diese Analysen braucht es keine komplexe „KI“, sondern den Willen, aus Datensilos eine integrierte Datenbank zu machen. Trainiere ich hingegen eine komplexe „KI“ auf einem schlechten Datensatz, werden die Resultate nicht überzeugen.

Und gerade hier kommt die „KI“ dann doch zu ihrem Zweck. Denn auch bei der Integration der Daten kann die vielbeschriebene künstliche Intelligenz enorm hilfreich sein. Denn wie gerade beschrieben, liegen nicht immer perfekte Informationen (wie eine einheitliche ID) zu einer Verbindung der einzelnen Quellen vor. Gerade dort kann ein „Matching“ auf Basis künstlicher Intelligenz helfen, pragmatische Lösungen zu finden, um Daten zu verknüpfen (z.B. mittels wahrscheinlichkeitsbasierten „Fuzzy Matching“). Auch bei der Steigerung der Qualität der Daten wird künstliche Intelligenz bereits häufig eingesetzt, um fehlende Informationen zu ergänzen (z.B. per Bildauswertung nach bisher nicht im Datensatz vorhandenen Merkmalen; oder zur regelmäßigen Inventur).

Investieren Sie in die Qualität und die Integration ihrer Daten

Deshalb: investieren Sie in die Qualität und die Integration ihrer Daten. Denken Sie dabei von der Nutzung her. Mehr daten sind nicht automatisch besser (sieh auch folgender Handels.blog-Beitrag). Was möchte ich erreichen? Ein bessere Kundenbeziehungsmanagement durch eine Ansprache besonders profitabler Kunden? Was müsste ich hierzu analysieren? Welche Daten brauche ich dafür und von wo? Welche Informationen liegen hier bereits vor und welche können mir Dritte liefern (z.B. Zulieferer). Können bestehende Informationsquellen besser auswerten, um meine Datenqualität zu erhöhen (z.B. per Bilderkennung)? Welche diese Informationen lassen sich leicht verknüpfen – regel- oder zufallsbasiert? Das sind nur einige der Fragen, die sich Händlerinnen und Händler stellen sollten. Fangen Sie hier nicht von der technischen Lösung an – denn diese ist nur Mittel zum Zweck der Wertschöpfung.