Produkt­darstellung im Onlineshop: Einheitlich oder uneinheitlich?

Produkte auf Produktübersichtsseiten im Onlinehandel werden häufig uneinheitlich dargestellt. Webseiten variieren die Orientierung und den Hintergrund der Produkte. Diese Uneinheitlichkeit könnte einerseits das flüssige Durchsuchen des Sortiments verhindern, andererseits könnten uneinheitliche Produkte aus der Masse hervortreten und so häufiger gekauft werden. Dieser Beitrag berichtet von einer Forschungsarbeit, die die Produktdarstellung im Onlineshop untersucht. Sollen Produkte eher einheitlich oder uneinheitlich dargestellt werden?

Uneinheitlichkeit im Onlinehandel

Auf Produktübersichtsseiten im Onlinehandel werden Produkte häufig uneinheitlich dargestellt. Abb. 1 zeigt dies an zwei zufällig gewählten Beispielen (Sofas und Anzüge). Einige Webshops legen Wert auf die Einheitlichkeit der Darstellung ihrer Produkte (linke Spalte). Uneinheitlichkeit entsteht häufig in zwei Bereichen: Einerseits ist die Orientierung der Produkte häufiger uneinheitlich, wie in der mittleren Spalte zu sehen. Auf Amazon, beispielsweise, variieren die dargestellten Anzüge Orientierung: mal ist das Produkt links oder rechts eingedreht, mal frontal zu sehen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Darstellungsformen (z.B. gefaltet oder am kopflosen Model). Andererseits können sowohl Orientierung als auch der Produkthintergrund wechseln (rechte Spalte). Bei Wayfair, einem Onlinemöbelhändler, ist die Uneinheitlichkeit so noch größer: dort variieren sowohl Orientierung als auch der Hintergrund der Produkte.
Abb. 1
Abb. 1: Produktdarstellung in Onlineshops (Webrecherche des Autoren am 11.06.2019)
Deshalb stellt sich die Frage nach der Wirkung der Uneinheitlichkeit. Einerseits sollte Uneinheitlichkeit der Produktdarstellung dazu führen, dass Produkte schlechter durchsucht werden können, da sich potentielle Käufer an die sich verändernde Darstellung anpassen müssen. Die Vergleichbarkeit sinkt so. Andererseits könnten einzelne Produkte, die anders dargestellt werden, mehr auffallen und deshalb eher gekauft werden. Das wäre für Händler vor allem für Produkte mit einem höheren Deckungsbeitrag interessant. Meine Forschungsarbeit, welche kürzlich im International Journal of Electronic Commerce publiziert wurde, untersucht die Auswirkungen der hier beschriebenen Uneinheitlichkeit.

Wirkung der Uneinheitlichkeit

Die Wirkung der Uneinheitlichkeit könnte sich in zwei Bereichen mit gegenläufigen Konsequenzen entfalten. Einerseits dürfte Uneinheitlichkeit den Suchfluss stören: durch die verschiedene Präsentation der Produkte wird es für Besucher eines Onlineshop schwieriger, diese zu vergleichen. Gleichzeitig stellt die Uneinheitlichkeit ein visuelles Hindernis dar, welches Betrachtende stört. Man spricht im Englischen hier auch von „Fluency“ (d.h. flüssiger Aufnahme von Informationen) gegenüber „Disfluency“ (d.h. weniger flüssiger Aufnahme). Verschiedene handelsnahe Treiber von „Fluency“ oder Flüssigkeit der Informationsverarbeitung wurden bereits identifiziert, wie etwa der Einfachheit von Produktbildern, die wiederholte Betrachtung bestimmter Produkte, oder die Übereinstimmung von Bild und Text. Uneinheitlichkeit könnte also die Flüssigkeit der Betrachtung stören. Dies würde wiederum zu einer schlechteren Produktbewertung führen, da Konsumenten einen gestörten Informationsfluss unterbewusst als unangenehm empfinden und dies auf die Produkte ausstrahlt. Andererseits könnte gerade die Hemmung des Informationsflusses bei einem abweichend dargestellten Produkt positiv wirken. Durch Uneinheitlichkeit könnten Produkte hervorspringen. Im Englischen spricht man hier von „Salience“. So könnten Konsumenten dem uneinheitlichen Produkt vielleicht mehr Aufmerksamkeit schenken und es häufiger auswählen. Es könnte also für margenstarke Produkte vielleicht interessant sein, sie abweichend von den anderen Produkten darzustellen und so herauszuheben. „Fluency“ und „Salience“ könnten so für gegenläufige Effekte sorgen.

Ergebnisse der Forschungsarbeit

Die Ergebnisse unserer Studien zeigen, dass die negativen Effekte der geringeren Flüssigkeit der Betrachtung mögliche positive überwiegen. In einer Vorstudie mussten hypothetische Käufer sechs Suchaufgaben auf sechs zufällig gewählten Produktübersichtsseiten in einem simulierten Onlineshop lösen (z.B. „Finden Sie bitte das blaue Sofa“). Die Produktbilder auf jeder Übersichtsseite waren entweder sehr einheitlich oder sehr uneinheitlich (siehe illustrativ in Abb. 2). Dabei zeigte sich, dass Teilnehmer auf der Seite mit einheitlicher Produktdarstellung weniger Zeit brauchten, mehr Fragen zu den Suchaufgaben korrekt beantworteten und zufriedener mit dem hypothetischen Onlineshop waren. Das legt nahe, die Produktdarstellung im Onlineshop zu harmonisieren.
Abb. 2
Abb. 2: Ergebnisse der Vorstudie
Ähnliche Ergebnisse erzielten wir in drei Folgestudien mit unterschiedlichen Teilnehmern (Panel, Manager, Studierende) und Durchführungsorten (Deutschland, USA). Auch hier wurden die Produktbilder jeweils entweder einheitlich oder uneinheitlich (in Orientierung und Hintergrund) dargestellt. Wie Abb. 3 zeigt, bewerten Teilnehmer die einzelnen Produkte positiver („Wie gut gefällt Ihnen die Produktauswahl des Händlers in dieser Kategorie?“), wenn diese einheitlich dargestellt werden. Dies liegt an der geringeren Flüssigkeit der Betrachtung, wie alle Studien konsistent gezeigt haben. Die Hoffnung auf häufigere Auswahl bei Uneinheitlichkeit erfüllt sich nicht: die verschieden dargestellten Produkte wurden nicht häufiger ausgewählt.
Abb. 3
Abb. 3: Ergebnisse Experimentalstudien

Empfehlung: Vereinheitlichung

Daher kann man Betreibern von Onlineshops nur empfehlen, ihre Produkte so einheitlich wie möglich darzustellen. Durch Einheitlichkeit der Produktdarstellung im Onlineshop wird die Betrachtung flüssiger, was sich wiederum positiv auf die Sortimentswahrnehmung ausstrahlt. Die Aufwertung liegt hier im Bereich von 3-6% bei einheitlicher Produktorientierung und 6-19% bei einheitlichen Hintergründen. Diese bessere Bewertung des Sortiments dürfte zu einer höheren Kaufwahrscheinlichkeit führen. Hoffnungen, dass durch eine verschiedene Darstellung Aufmerksamkeit auf ein Produkt gelenkt, und so dessen Kaufwahrscheinlichkeit erhöht werden kann, bestätigen sich zumindest in unseren Studien nicht.

Gründe für die Uneinheitlichkeit

Der Grund für die häufige Uneinheitlichkeit der Produktbilder im Onlinehandel dürfte oft praktischer Natur sein: Händler haben keine einheitlichen Bilder. Gerade kleine Onlineshops lassen die Produktbilder nicht eigens anfertigen, sondern nutzen die Bilder der Hersteller. Da es keine einheitlichen Darstellungsnormen der Hersteller gibt, sind die Bilder uneinheitlich. Für die meisten Produkte liegen aber mehrere Bilder vor, aus welchen Händler die einheitlichsten auswählen könnten. In unserer Vorstudie (Abb. 2) haben wir beispielsweise nur Produktbilder eines Händlers genutzt, die sowohl in einheitlicher als auch in uneinheitlicher Version (hier: mit Hintergrund) vorlagen. Dies verdeutlicht, dass Händler bei der Produktdarstellung im Onlineshop oft sehr wohl eine Wahl haben, auch ohne dafür extra eigene Aufnahmen erzeugen zu müssen. Schwieriger wird die Durchsetzung der Einheitlichkeit bei Plattform- und Marktplatzmodellen. Dort darf jeder beliebig anbieten – und seine/ihre Produkte auch beliebig darstellen. Dies ist eine Erklärung, warum die Produktdarstellung auf Amazon (siehe Abb. 1) so stark variiert. Ein anderer Ansatz scheint die strategische Nutzung uneinheitlicher Bilder zu sein. Zalando beispielsweise streut unter die Produkte einer Kategorie Bilder von Models in ganzen Outfits. Diese dient vermutlich aber eher der Inspiration, als der Erhöhung der Auswahlwahrscheinlichkeit durch „Herausspringen“. Unsere Ergebnisse zeigen hingegen, dass Händler eher von einer Vereinheitlichung profitieren können.
Diesem Beitrag basiert auf einer Forschungsarbeit zugrunde, welche unter dem Titel „The Negative Effect of Product Image Inconsistency on Product Overviews During the Online Product Search“ im International Journal of Electronic Commerce (2019, Vol. 23, Nr. 1, S. 110-143, Autor: Erik Maier) veröffentlicht wurde. Mehr Forschungsbeiträge auf dem Handels.blog: